Jedermänner

Gestern kam ich auf meiner abendlichen Trainingsrunde an einem anderen Rennradfahrer vorbei, der mit hochrotem Kopf an seinem Sportgerät werkelte. Ich frage ihn, ob er zurechtkäme und er antwortete mit einem äusserst verhaltenen „Hmpfnajaglaubenichtsoganz“. Ich fragte erneut in etwas lauterer Stimme und die Antwort kam dann auch ziemlich deutlich „NEIN! Überhaupt nicht! Es klappt garnix!“.

Also ein klarer Fall für den Bicycle-Repairman!
Ich stellte mein Rad ab und es bot sich mir ein bemitleidenswertes Bild. Inmitten diverser Werkzeuge und Reperaturmaterialien sass ein untersetzter Mittdreissiger in einem viel zu engen Bocas-Trikot und kämpfte mit seinem Vorderrad. Er hatte rasierte Beine und einen sehr gut definierten Wohlstandsbauch und schilderte mir heftig gestikulierend, wie er die letzte Stunde versucht hatte einen Platten zu flicken.

Ich sah mir sein Werk an: er hatte den Schlauch mehrmals verdreht und versucht den Reifen von beiden seiten gleichzeitig auf die Felge zu ziehen. Ich liess mir die Luftpumpe geben, um den Schlauch besser einlegen zu können. Er gab sie mir mit dem Kommentar: „die geht gut, aber man braucht einen Ventiladapter“. Ich: „Gut, gib her“. Er: „Den hab ich leider verloren“.

Ich nahm also meine Pumpe und zog dann den undefinierbaren ostasiatisch-chinesischen Billigmantel auf eine völlig unbekannte Pseudo-Systemlaufradfelge, die ich nicht mal guten Gewissens an einen Schubkarren schrauben würde.

Dabei erzälte er mir von seinen Heldentaten. Er wär mit seinem 2-Danger-Rennrad jetzt schon 2.500 km gefahren und das würde ja wohl alles über die hervorragende Qualität dieser Marke sagen. Ich fragte, wieso er denn nach so wenigen km schon zwei unterschiedliche Felgen drauf hätte. Er schilderte seinen schicksalhaften Sturz, welcher im die Teilnahme am Henninger Rennen vereitelte und bei dem nicht nur sein Knie, sondern auch die Original-Felge schweren Schaden genommen hätte. Aber dann betonte er gleich, dass Amstel sehr gut gelaufen wäre und die HEWs erst recht. Beim Amstel hätte er auch einen Platten gehabt, aber das sei zum Glück nahe der Verpflegungskontrolle passiert und so konnte man ihm schnell helfen.

Ich tat verhalten beeindruckt und fragte ihn, ob er bei diesen Rennen teilnähme, bei denen jeder mitfahren dürfte. Er nickte heftig und bestätigte mir, dass er Teilnehmer von Jedermann-Rennen wäre. Ich lächelte.

Er bedankte sich und wir wünschten uns gegenseitig gute Fahrt. Ich lächelte noch eine ganze Weile und war zufrieden mit mir und der Welt.

6 Kommentare

    Kathrin

    LOL

    Mein Held! Darf ich beim nächsten Platten dich anrufen? Kann aber bei mir passieren, dass das in der Nacht ist 😀

    Pacer

    Nein, das geht leider nicht, denn mit der komplizierten Singlespeed-Technik kenne ich mich eh nicht aus 😉

    Kathrin

    fahr ja auch regelmässig mit meinen Schaltern. Da denn dann??

    Pacer

    Ja klar! Der Bicycle-Repairman hilft natürlich allen gestrandeten Radlern – völlig ohne Ansehen des Gefährts, der Hautfarbe oder der Glaubensrichtung 😉

    Eben im Sloganizer: Wer Pacer hat, hat die Welt verstanden! *lol*

    Kathrin

    da hab ich ja mal Glück gehabt 🙂

    Hmm, Schrauberein am Rad erinnert mich daran, das ich den Umwerfer neu einstellen muß, er schleift am großen Blatt. Fiel mir vorher nicht auf, aber irgendwie nutze ich das gerade des öfteren mal.

    Kathrin

    naja, das hab sogar ich spontan hin bekommen, der Bowdenzug hatte sich was gelängt. Über den Sloganizer lache ich mich regelmässig schlapp.

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